DISSY - Playlist 01 (28.09.2018)

    • Album erst einmal gehört, daher nur vorläufiges Urteil:
      Das Teil bockt. Dichte, grundunzufriedene, streitsuchende, desillusionierte Stimmung. "Die Hoffnungslosigkeit der Gegenwart" für Dissy wird ziemlich greifbar.
      Die Produktionen sind cool, sofern man auf den minimalisierten Technosound mit viel Steel Drums und auffällige Änderungen innerhalb des Songs steht. Eins dieser älteren 3Plusss-Alben wäre da ne gute Referenz.
      Der Vortrag ist zwischen zweifelnd und sau wütend, aber immer unzufrieden. Rap als Handwerk ist an einigen Stellen etwas holprig, keine Ahnung ob als Stilmittel, oder weil's nicht besser geht.


      Würde vorläufig von sehr nice reden.

      Vll. schreib ich noch was songspezifisches.
      And this is what it said: After the first and the second world wars
      You'd think us europeans couldn't take it no more
      But we built up and tore down the Berlin wall
      Only to build up a new and improved around our crumblin' Fort - Europa.

    • wenül ist übrigens richtig schön, booklet, instrumentals (in dem fall mal kein müll ohne eigenwert), alles liebevoll gemacht. schuber auch geil.
      And this is what it said: After the first and the second world wars
      You'd think us europeans couldn't take it no more
      But we built up and tore down the Berlin wall
      Only to build up a new and improved around our crumblin' Fort - Europa.

    • Intro:
      Durch Instrumentalisierung bahnt sich bereits "Unheil" an, der eingesprochene Text der Frau schafft eine Atmosphäre, die auch der ersten Seite eines Gruselbuchs entspringen könnte.

      Rave On:
      Wasted Youth-Hymne des Hinterlandes, mit wesentlich weniger Abstand und Reflexion als beispielsweise bei Grim104s Christal Meth in Brandenburg. Dissy ist eher Teil der Szene. Gebrochenes, alternierendes Intstrumental haut dazu gut hin.

      Sie kommen in der Nacht:
      Treibender Beat, Zustandsbeschreibung der Nullbock-Jugend ohne Zukunftspläne - also Thema des vorherigen Songs fortgesetzt. Der Break zwischen Gesangshook und technoider Untermalung der Parts ist ein bisschen kitischig, fügt sich aber gut in den Track ein.

      Peter Parker:
      Song kommt in den ersten Momenten nachdenklicher daher, um dann doch in eine wütende, egalitäre Stimmung zu kippen. "MIR IST ALLES EGAL,okeeeß!?!!" Dabei dringt hier erstmals auch ein Hass gegen sich selbst hervor, statt nur eine Beschreibung des kindlichen Lebens ohne Pläne, was die Zukunft angeht. Die Generation Instagram, die nicht mehr weiß, wer sie selbst ist, zieht besonders viel Hass auf sich. Instrumental wesentlich ruhiger und entspannter, fast schon boombapig.

      Die Welt ist böse:
      Viele Steeldrums, Instrumental aufs nötigste reduziert. Mal wieder werden Drogen verherrlicht, auf die Zukunft geschissen und ein guter (verdrogter) Moment (mit einem schönen Mädchen) in der bösen, schlechten Welt genossen. Das Leben auf Trips ist für Dissy scheinbar leichter als auf die Realität klarzukommen.

      Nitro:
      Steeldrums, wabbernde Flächen, Schnitt. Dissy hängt viel zu bekifft in einem Zimmer rum und ärgert sich. Über was genau - seinen Booker, die Gesellschaft als solche, Menschen mit 'akademischer Anspruchshaltung'? Viele Popreferenzen auf Deutschrapwerke aus dem und dem letzten Jahr outen ihn als Szenebeobachter statt Entrückten. Erstmals hab ich den Eindruck, dass die ganze Wasted, angry Youth-Schiene eher Kunstprojekt, denn Selbstwahrnehmung sein könnte.
      Album erst einmal gehört, daher nur vorläufiges Urteil:

      Du passt hier nicht hin:
      Das Leben als drogenliebender Aussenseiter, dem die Gesellscahft nix Gutes will. Die Gesellschaft mag funktionierende Verwertungslogik, keine Glücksgefühle. Maeckes-Part thematisch ähnlich.

      Lagerfeuerlied:
      Sanfte Gitarrenuntermalung, Singsang statt Rap, erstmal überraschend anders, als die zuorgehenden Lieder. Break. Klampfenmucke wird gelooped, mit Drums unterlegt zum Minimalbeat, Dissy redet über seine Vergangenheit (Stress, Schlägerei, Drogen, Frauen, nix auf Kette kriegen), ohne großartig zu werten, soondern nur zu berichten.

      Wagen voll Müll:
      Krasser Gegensatz zwischen aggressivem Beat, Vortrag und weiterer ICH LEB FÜR DEN MOMENT, DIE WELT IST SCHEIßE-Lyrics und der traurig-süßen, catchy Clueso-Hook. Alles ist überflüssig, also warum nicht jetzt zudröhnen?

      Nichts:
      Minimalistischer Beat, wieder mal, es geht um Gespräche einer (schlechten?) Beziehung, um Entzweiung und Schmerz.

      Fynn Epilog:
      Hier wird erstmals mehr bewertet als beschrieben. Die Gefühlslage Dissys wird als 'zwischen Weltproblemen und Selbstkritik verloren' analysiert... das triffts wohl ganz gut.

      Tl;DR:
      Dissy glorizifiert den Verlierertypen, der sich der Gewinn-Maxime verwehrt und gerade dadurch so cool ist. Sehr edgy. Es wirkt auf mich authentisch wütend und ratlos. Herzschmerz und gescheiterte Liebe spielen auch in jedem Song zumindest eine Nebenrolle. Falls man aus diesem kleinen Mikrokosmos seines Hirns ins Große, Gesamte extrapolieren möchte, dann ist er sauer auf die Gegenwart, in der ein Mensch nur seinen wirtschaftlichen Mehrwert wert ist und sozialer Zusammenhalt scheitert.
      Das ist thematisch nicht viel, aber unglaublich dicht und greifbar. Besonders für die dunkle Jahreszeit, in der viele das Gefühl haben, dass es für Deutschland oder gar die ganze Welt abwärts geht. Mir macht's Spaß, auch mit geregeltem 9/5-Job, Fünfjahresplan und healthy Lifestyle.

      Ich kenn diese Gedanken recht gut, aber eher aus der Spätpubertät, so mit 17-21. Dissy macht seit mindestens 2013 Rap, weiß jemand von euch wie alt der ist?
      And this is what it said: After the first and the second world wars
      You'd think us europeans couldn't take it no more
      But we built up and tore down the Berlin wall
      Only to build up a new and improved around our crumblin' Fort - Europa.

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